Autor:innen 2024

Viele Themen, viele Geschichten, viele Sichten auf das Innere, das Äussere.

Wir begrüssen folgende Autor:innen aus der deutschsprachigen Schweiz und aus Deutschland bei uns an den Literaturtagen im 2024:

Andri Bänziger

Andri Bänziger wurde 1992 im Geburtshaus Mötschwil während eines Stromausfalls geboren und wohnt in Bern. Er schreibt Dada, Spoken Word und Hörspiele, arbeitet in einer Psychiatrie auf einer geschlossenen Station für Menschen mit kognitiver Beeinträchtigung in einer Krise.

In seinem neusten Roman «Iljas Kern» verschluckt der Protagonist die Erinnerung und will sie damit schützen. Er versteckt sie tief in seinem Innern, wo sie vergessen geht und zu einem angstmachenden, auffressenden Fremdkörper wird, der den Organismus schnellstmöglich verlassen will. Eindrücklich immersiv wird erzählt, wie das Fehlen von Erinnerung die Lebendigkeit einer Gesellschaft bedroht.

 

Aktuelles Buch: Iljas Kern, Verlag Die Brotsuppe


© Janine Schranz

Martina Clavadetscher

 

Martina Clavadetscher, 1979 geboren, ist Schriftstellerin und Dramatikerin. Sie arbeitet für diverse deutschsprachige Theater und ihr Stück «Frau Ada denkt Unerhörtes» wurde 2019 im Schauspiel Leipzig uraufgeführt. Martina Clavadetscher lebt und schreibt in der Schweiz.

 

 

In ihrem Roman «Vor aller Augen» (2022) erzählt sie die Geschichten verschiedener Frauenfiguren: Das Mädchen mit dem Perlenohrgehänge, die Dame mit dem Hermelin, Frauen auf weltberühmten Gemälden von Leonardo da Vinci, Vermeer, Rembrandt, Courbet, Schiele, Munch. Wir sehen ihre Körper, ihre Blicke, ihre Kleidung, gebannt oder verbannt in einen ewigen Augenblick. Doch wer waren sie ausserhalb dieses Moments? Martina Clavadetscher ist den Hinweisen ihres Lebens nachgegangen, lässt die Frauen erzählen und gibt ihnen so eine Stimme zurück.

 

Aktuelles Buch: Vor aller Augen, Unionsverlag


© Jonas Ludwig Walter

Paula Fürstenberg

Paula Fürstenberg, 1987 geboren, wuchs in Potsdam auf und lebt in Berlin. Ihr Debütroman «Familie der geflügelten Tiger» erschien 2016. Sie ist Mitherausgeberin der Habitus-Bände und hat 2022 die Gesprächsreihe «Let’s talk about class» co-kuratiert.

Ihr Roman «Weltalltage» (2024) ist die Geschichte einer Freundschaft und deren Zerreissprobe. Die Protagonist:innen sind beste Freunde seit der Schulzeit. Max ist Architekt, sie ist Schriftstellerin und seit ihrer Kindheit chronisch krank. Er ist der Gesunde, sie die Kranke. So war es schon immer. Doch dann erfährt Max vom Tod seines Onkels, und in ihm wächst eine Finsternis. Er muss ins Krankenhaus. Mit einem Mal gerät alles ins Wanken. Was heisst es, nicht zu funktionieren in einer Welt, in der alles funktionieren muss?

 

Aktuelles Buch: Weltalltage, KiWi-Verlag


© André Simonow

Wolfram Lotz

 

Wolfram Lotz, geboren 1981 in Hamburg, wuchs im Schwarzwald auf. Er ist Dramatiker, Lyriker und Hörspielautor.

2022 wurde sein erstes Prosawerk «Heilige Schrift I» publiziert. In einem kleinen Dorf in Frankreich schrieb er ein Jahr lang das Weltgeschehen mit, jeden Tag, von morgens bis nachts. Knapp 3000 Seiten. Kurz danach löscht er den entstandenen Riesentext wieder. Dennoch liegen nun über 900 Seiten vor, weil er im Frühjahr 2018, noch während der Arbeit, den Anfang des Texts per Mail an einen Freund geschickt hat. «Heilige Schrift I» ist ein wahnwitziges Projekt, das sich dem puren Exzess öffnet und dabei zeigt, was es wirklich bedeutet, über die Gegenwart zu schreiben.

 

Aktuelles Buch: Heilige Schrift I, S. Fischer


Deniz Ohde

Deniz Ohde wurde 1988 in Frankfurt am Main geboren und lebt heute in Leipzig. Ihr Debütroman «Streulicht» setzt sich mit sozialer Herkunft und brüchigen Bildungswegen auseinander. Dieser wurde am Maxim-Gorki-Theater in Berlin inszeniert.

Im Frühjahr 2024 wurde ihr neuster Roman «Ich stelle mich schlafend» veröffentlicht. Darin beschäftigt sich Deniz Ohde mit den dunklen Seiten einer Liebe und erzählt gleichzeitig die Geschichte einer Befreiung. Ein eindringlicher Roman über den Versuch einer Auslöschung und über die Frage, ob es eine Berührung gibt, die den Kern eines Menschen unwiederbringlich verändert.

 

Aktuelles Buch: Ich stelle mich schlafend, Suhrkamp

Lukas Bärfuss

Lukas Bärfuss, geboren 1971 in Thun, ist Dramatiker und Romancier, Essayist und Dramaturg. Er ist Mitglied der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung und lebt in Zürich.

Sein neuster Roman «Die Krume Brot» (2023) führt ins Zürich der frühen 1970er Jahre und erzählt ein bewegendes Frauenleben am Rande der Wohlstandsgesellschaft. Adelina, Tochter italienischer Einwanderer*innen, arbeitet in einer Zürcher Fabrik, als sie nach kurzem Liebesglück mit einem Kind alleine dasteht. Sie verliert die Stelle, die Wohnung, kämpft ums Überleben. In der grössten Not lernt sie Emil kennen, einen erfolgreichen Grafiker, der ihre Schulden bezahlt und Adelina mit der kleinen Emma bei sich aufnimmt. Ausser an Liebe fehlt es an nichts. Aber dann verschwindet das Kind, spurlos.

 

Aktuelles Buch: Die Krume Brot, Rowohlt


© Laura Guse

Juan S. Guse

Juan S. Guse ist Soziologe und Autor. Er ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Soziologie der Universität Hannover und Mitglied der Jungen Akademie der Wissenschaften und Literatur in Mainz.

Sein jüngster Roman «Miami Punk» ist ein multiperspektivischer Grenzgänger, der sich zwischen Realität und Fiktion bewegt. Der Atlantik hat sich über Nacht von der Küste Floridas zurückgezogen und eine Wüste hinterlassen. Kreuzfahrtschiffe rosten im Sand vor Miami, die Hotels bleiben leer, der Hafenbetrieb ist eingestellt und selbst die Dauerwerbesendungsindustrie liegt am Boden. Mittendrin eine überambitionierte Indie-Game-Programmiererin, eine strauchelnde Arbeiter:innenfamilie, eine junge Soziologin und ein E-Sport-Team. Witzig und traurig, düster und labyrinthisch: »Miami Punk« ist ein Roman über die Bedeutung von Arbeit, über Herrschaft und Macht, sowie über einsame Nächte vor dem Computer.

 

Aktuelles Buch: Miami Punk, S. Fischer


© Christoph Oeschger

Gianna Molinari

Gianna Molinari wurde 1988 in Basel geboren und lebt in Zürich. Sie ist als Mentorin am Schweizerischen Literaturinstitut tätig, ist Mitbegründerin der Kunstaktion Literatur für das, was passiert und des Autor:innenkollektivsRAUF.

Ihre Texte eröffnen ungewohnte Perspektiven. Oftmals am Abgrund des Zerfalls, beobachtet sie das Abrutschen, das Tauen, das Abstrampeln, die Resignation. Ihre Prosa entsteht langsam, lässt sich Zeit. Hinter der Hecke die Welt (2023) thematisiert das Schrumpfen eines Dorfes, in dem das Einzige, was wächst, eine Hecke ist und ein Forschungsschiff in der Arktis, das die ebenfalls verschwindende Gletscherlandschaft umschifft. In einer rhythmisch-poetischen Sprache hinterfragt Molinari den menschlichen Zwang nach unbedingtem Wachstum.

 

Aktuelles Buch: Hinter der Hecke die Welt, Aufbau Verlage


© Gaëtan Guélat

Butterland

Die Autorin Regina Dürig und der Musiker Christian Müller arbeiten seit 2010 als Butterland im Feld von Stories und Sounds. Regina ist Autorin, Performerin, Artistic Researcher und Dozentin für Literarisches Schreiben. Christian Müller, geboren 1971 in der Nähe von Basel, ist Klarinettist und Elektronik-Musiker. In den letzten zwanzig Jahren arbeitete Christian Müller hauptsächlich als improvisierender Elektronik-Musiker, elektroakustischer Bassklarinettist und Komponist mit konzeptionellem Ansatz.

Die Werke von Butterland haben meist skulpturalen Charakter und sind formal zwischen Liveperformance, Poetic Noise, Hörspiel und räumlicher Installation einzuordnen. Seit 2010 suchen die Autorin Regina Dürig und der Musiker Christian Müller Zwischenräume und versetzen diese in Schwingung. Der Blick aufs Kleine, auf minimale Bewegungen zieht sich durch alle Formen. An den Brugger Literaturtagen werden sie ihr Stück «Wir Warten» uraufführen.

 

Aktuelles Hörspiel: Bon voyage, les fantômes, SRF